CREDITS
Auftraggeber: WAZ-MediengruppeAgentur: Michael Schirner Werbe- und Projektagentur GmbH
Kreativdirektor: Michael Schirner
Texter: Enrique Jungbauer
Artdirector: Markus Schüssler
Nachfolgerin von Schirner Zang Institute of Art and Media ist Schirner Zang: www.schirnerzang.com
Website von Michael Schirner mit Archiv für angewandte und freie Kunst: www.michaelschirner.de
1994 wurde vebacom, die Telekommunikationsgesellschaft der Veba AG gegründet und 1996 – nach der Partnerschaft mit RWE – in o.tel.o umbenannt.
In dem Jahr feierten wir den 10jährigen Geburtstag der Michael Schirner Werbe- und Projektagentur, die ich – im Gedenken an unsere wunderbaren 10 Jahre bei der GGK Düsseldorf – „KKG“ nannte. Wir hatten unsere Räume gleich neben der Bank, für die wir auch arbeiteten, und die KKB hieß, was dazu führte, dass wir nicht nur die Post der GGK kriegten und die unsere, sondern auch die der KKB und die unsere und die der GGK, was sich erst änderte, als wir unsere KKG umbenannten in Michael Schirner Werbe- und Projektagentur. Als es GGK nicht mehr gab und auch KKB nicht mehr, hätten wir uns – im Gedenken an beide – wieder KKG nennen können, was wir aber nicht taten, weil wir dann wahrscheinlich gar keine Post mehr bekommen hätten. – So viel zu Umbenennungen. Zurück zum Geburtstag.
Ein Geschenk, das wir an diesem Tag bekamen, war der Werbeetat von vebacom. Ich erinnere mich noch genau: Die Superstars unserer Factory, Claudia Hammerschmidt, Caspar Frenzel, Diedrich Diederichsen, Matthias Heiner, Anja Wilke, Sebastian Turner, Katja Stuke, Catharina von Poser und all die anderen saßen am großen schwarzen Lacktisch in der Halle, die wir mein Büro nannten, und stießen auf uns und unsere 10 Jahre an, als sich plötzlich die neugotischen Kassettentürflügel öffneten und ein Engel den Raum betrat und sagte (Hall): „Fürchtet Euch nicht, denn siehe, ich verkündige euch große Freude: Ihr habt heute einen Riesenwerbeetat gewonnen und alles ganz ohne Wettbewerbspräsentation, einfach so als Geschenk der freundlichen Tochter der mächtigen Mutter Veba, für die Ihr die erste private Telefongesellschaft erfinden sollt. Damit nicht genug: „Macht einfach die beste Kommunikation für die neue Kommunikationsfirma, also genau die, die Ihr am besten findet. Niemand wird Euch hindern, die tollste und schönste L’art pour l’art-Kampagne der Welt zu machen: kein Werbeleiter, kein Marketingchef, kein Finanzchef, kein Marktforscher, keiner wird Euch reinreden.“ Ganz konnten wir unser Glück nicht fassen, ich fragte leise: „Warum gerade wir?“ Der Engel strahlte: „Das ist der Wille des Vorstands.“
Ulf Bohla war gerade Vorsitzender der Geschäftsführung von vebacom geworden. Bohla war IBMer. Und IBM war damals das, was heute Google, Apple, Facebook, Microsoft und Yahoo zusammen sind. IBM hatte ein einfaches Geschäftsprinzip: „Von allem das Beste“ d.h. die besten Mitarbeiter, die beste Bezahlung, die beste Stimmung, die besten Produkte, die beste Kommunikation, die beste Architektur, die beste Kunst etc. und damit machten sie die besten Geschäfte.
(Ich hatte das Glück, dass wir 17 Jahre die Kommunikation der IBM Deutschland machen durften – eben so lang, bis eine internationale Kampagne aus den USA kam.)
Nach dem IBM-Prinzip arbeitete Bohla auch bei vebacom. Deshalb wollte er wohl, dass avcommunication alle Messeauftritte und die Michael Schirner Werbe- und Projektagentur die gesamte Kommunikation für vebacom gestaltet.
Und noch was: Bohla wollte, dass vebacom das freundlichste Unternehmen wird – eben die Alternative zur Telekom.
Wir hatten also die wunderbare Aufgabe, die beste Kampagne für das freundlichste Unternehmen zu machen. Das fiel uns nicht schwer, denn die Mitarbeiter von vebacom waren die besten und freundlichsten.
Weil die Firma gerade gegründet worden war, gab es nur wenige Leute da. Und weil es nur ein paar waren, kannte jeder jeden. Jeder war neu, keiner hatte Ahnung, wie man eine Telefongesellschaft macht, Produkte gab es noch keine, folglich auch kein Produktmanagement, kein Marketing, keine Marktforschung, keine Gremien … Der Engel hatte nicht zu viel versprochen: Niemand hinderte uns daran, die beste, schönste und wahrste L’art pour l’art-Kampagne zu machen und alles für ein Telekommunikationsunternehmen, das es noch nicht gab.
Ulf Bohla – übrigens ein ausgezeichneter Musiker, der heute noch erfolgreiche Konzerte in Hamburg gibt – wollte, dass wir genau das machten, was wir gern machen wollten: Werbung, die wahre Kunst unserer Zeit, kein Kunstgewerbe, sondern richtig gute Kunst. Er wusste: Das Einzige, was die gerade gegründete Firma machen konnte, war eine große Medienkampagne, waren State oft the Art Corporate Communications, Corporate Design, Advertising Art und hervorragende Messestandgestaltung. Da die Veba AG Ihrer Tochter etlichen Milliarden in die Hand gedrückt hatte, konnten alle aus dem Vollen schöpfen – ganz nach Andy Warhols Maxime: „Making money is art and working is art and good business is the best art“.
Die Besprechungen, bei denen wir unsere Werke vorstellten, und Norbert W. Daldrop von avcommunication seine, waren ein Traum: Bohla gefiel die Rolle des großzügigen Mäzens der Kunst und genoss jede Präsentation. Lutz Grüttke, vorher Generalbevollmächtigter bei der IBM Deutschland und Initiator der besten Kampagne der Welt (IBM), war vebacom-Berater und unser Schutzengel, moderierte klug und entspannt. Hartmut Albrecht, Pressesprecher, von der Mutter geschickt, um aufzupassen, dass die Tochter keinen Unsinn macht – drückte beide Augen zu und übte freundliche Zurückhaltung. In Patricia Huppermanns, die muntere quicklebendige Managerin voller Ideen (der Name o.tel.o stammt von ihr) verliebten sich alle.
Und ich hatte das Vergnügen, mit Norbert W. Daldrop zusammenzuarbeiten; er war Meister in allem, was wir Kommunikationsdesigner nicht so gut konnten: die dritte Dimension, die Bauten der Kunst für faszinierende Kommunikation im Raum.
Mit unserer Werbe- und Projektagentur und avcommunication hatte vebacom die Voraussetzungen geschaffen für eine Unternehmenskommunikation als Gesamtkunstwerk, das alle Medien einbezieht: Corporate Design, Printmedien, Anzeigen, Plakate, Publikationen, Werbemittel, Videos, TV-Spots etc. Dazu das Messearchitektur- und Eventdesign von avcommunication, das unserem Corporate Design eine dritte Dimension verschaffte.
vebacom hatte begriffen, was ich vor Jahren gepredigt hatte: dass ihre Werbung ihre Kunst ist, dass sie die Mäzene ihrer Werbekunst sind, dass diese Kunst ihre Größe, ihre Intelligenz, ihre Sensibilität ausdrückt, dass sie ihr Denkmal ist, ihr Petersdom, dass ihre Plakate, Anzeigen, Filme und Messestände die Skulpturen und Paläste dieses Jahrhunderts sind.
Ich er erinnere mich noch ziemlich gut an den Tag im Sommer 1994, als wir die Idee für die Kampagne der vebacom entwickelten, weil es so unglaublich heiß war und wir im Studio unter dem Dach – einem richtigen Hot Shop – unseres neogotischen Agenturschlösschens in der Prinz-Georg-Straße in Düsseldorf saßen, wir, d.h. Caspar Frenzel, unser jüngster und schönster Artdirector, und Diedrich Diederichsen, der geniale Pop-Kunst-Netz-Kultur-Musik- Neo-Formalismus-Psychedelia-Papst der westlichen Hemisphäre und ich. Wir hatten uns vorgenommen, unseren Kampagnenideenrekord, der bei 8 Minuten lag, zu brechen, um möglichst schnell in Löricker Freibad zu kommen.
Da Telekommunikation und Informationstechnologie unsere Themen waren, nutzen wir unser internes Wissenschaftsnetzwerk und fragten unseren Freund Scott F. Fahlman an der Carnegie Mellon University, ob er eine Idee für die freundlichste Telefongesellschaft der Welt hätte. Postwendend kam seine freundliche Antwort:
19-Aug-94 11:44 Scott E Fahlman :-) From: Scott E Fahlman <Fahlman at Cmu-20c>
I propose that the following character sequence for joke markers:
:-)
Read it sideways. Actually, it is probably more economical to mark things that are NOT jokes, given current trends. For this, use
:-(
Ich: „Wie findest Du das, Diedrich?“
D.D.: „Nicht schlecht, mich stört nur, dass man den Kopf zur Seite drehen muss“, und drehte seinen Kopf zur Seite.
C.F.: „Da hab ich eine Idee“ und drehte Diedrichs Kopf von der Horizontalen in die Vertikale.
Ich: „Geniale Erfindung. Jetzt kann man das freundliche Gesicht sehen, ohne den Kopf zu verdrehen.“
D.D. grinste: „Sehr betrachterfreundlich“
Ich: „Das freundliche Gesicht der Telekommunikation“
D.D.: “Der freundlichsten Firma weltweit“
Mit Caspars freundlichen Gesichtern hatten wir für vebacom eine neue Sprache erfunden, eine, die total digital war („Total digital“ hieß das neue Buch von Nicholas Negroponte, das wir an vebacom-Freunde verschickten) und total emotional, eine Sprache ohne Buchstaben, ohne Schrift, ohne Laute (kein Wunder, denn Caspar war, wie die meisten Artdirektoren, Legastheniker). Und vor allem: very very l’art pour l’art.
Wir wollten, dass auf jedem Kommunikationsmittel der vebacom-Kampagne eins von Caspars freundlichen Gesichtern strahlte.
Ein Blick auf die Uhr: Wir hatten unseren Rekord gebrochen: Nach 7 Minuten war die Kampagnenidee da, das lachende 7-Minuten-Ei des Caspar Columbus Frenzel.
Der Rest war Feinarbeit: Wir mussten eine Grammatik der Gefühle entwickeln, eine Schrift für die Gesichter auswählen, Zeichen für Augen, Nase, Mund generieren, den Zeichen Farben geben, 45 Gesichtsausdrücken designen (siehe oben) lachende Anzeigen gestalten, strahlende Plakate, grinsende Publikationen, zwinkernde Banner, gesichterschneidene Filme etc.
Und dann kamen die Künstler von avcommunication: Sie beamten unsere super-flache Punkt-Komma-Strich-Gefühlswelt – die Welt als Scheibe, als Riesen-Button, als fliegende Untertasse – in die vierte Dimension eines anderen Raum-Zeit-Kontinuums und verwandelten sie in Landschaften des Lächelns und Paläste des listigen Augenzwinkerns der freundlichsten Telefonfirma. In ihnen bewegten sich Scharen staunender Massen von Messebesuchern, sie tauchten aus tiefem Schwarz in rote, gelbe, grüne, blaue Zonen von Emotionen der ikonographischen Grinsearchitektur, begegneten dem Semikolon-Augenzwinkern auf Texttafeln und Videoscreens und zwinkerten zurück.
Vielleich fragt jetzt irgendein vernuftverseuchter Marketer: Schön und gut, aber verkauft es?
Antwort: Klar, o.tel.o war 1999 mit über einer Million Pre-Selection-Kunden der erfolgreichste private Anbieter und ist heute noch eine geschätzte Marke von vodafone ;-)
Aller Welt zeigen, wo die Christian Albrechts Universität zu Kiel in der Forschung Spitze ist.
Die Mittel der Uni sind knapp. Das Geld reicht gerade mal für Plakate in Kiel.
Doch wie erreichen wir damit ein internationales Publikum?
Wir setzen die CAU-Plakate während der Kieler Woche ein, denn an diesen 8 Tagen sind 3 Millionen internationale Besucher in Kiel.
Weil wir die aufmerksamkeitsstärksten Plakate in Kiel machten, wurde die Uni beim internationalem Publikum fast so bekannt wie die Kieler Woche.
Ein Plakat für Nano Sciences und ihre Möglichkeiten
Ein Plakat für Nano Sciences und Kommunikation
Ein Plakat für Nano Sciences und Implantate
Ein Plakat für Nano Sciences und neue Anwendungen
Ein Plakat für Nano Sciences und Transport
Ein Plakat für Nano Sciences und Tumore
Ein Plakat für Nano Sciences und Krankheitsherde
Ein Plakat für Nano Sciences und Medikamente
Ein Plakat für Nano Sciences und Materialsysteme
Ein Plakat für Nano Sciences und Behandlung kritischer Gesundheitszustände
Ein Plakat für Nano Sciences und Sonden
Die Christian Albrechts Universität zu Kiel – kurz CAU – beauftragte uns, mit einer Werbekampagne sie und ihre exzellenten Leistungen in Forschung und Lehre bekanntzumachen.
Wer exzellent ist, hat es nicht nötig, sich damit zu brüsten. Deshalb raten wir der Uni davon ab, für sich und ihre Leistungen zu werben.
Wir drehen den Spieß einfach um: Wir lassen nicht die Uni für sich werben, wir lassen das Publikum für sie werben. Wir schreiben einen weltweiten Slogan-Wettbewerb aus und forderten das Publikum auf, sich Slogans für die Uni auszudenken. So wird das Publikum zur Agentur, die sich bemüht, tolle Werbung für die CAU zu machen. Eine bessere Werbung hätten wir uns nicht ausdenken können.
Ob die Kampagne erfolgreich ist, lässt sich auch daran messen, wie viele Slogans die Lesern einschicken: sage und schreibe sechzehntausendsechshundertneunundneunzig Slogans sind es. Die Slogan-Kampagne steigerte den Bekanntheitsgrad der Uni von 0,5 auf über 50%.
Titelseite der 4seitige Beilage in Tageszeitungen wie FAZ, DIE ZEIT und Kieler Nachrichten zum Slogan-Wettbewerb der Uni Kiel.
Auf den Innenseiten die Ausschreibung des Slogan-Wettbewerbs und praktische Tipps fürs Slogan-Machen: „Wenn Sie noch nie einen Slogan gemacht haben, um so besser …“
Auf der letzten Seite ein Teilnahmeformular für 10 Slogans, „weil es 10mal einfacher ist, 10 Slogans zu machen als einen tollen, und weil dann Ihre Chancen im Wettbewerb 10mal größer sind“.
Eine Anzeige zum Namen der Uni.
Alles, was die Uni forscht, in einem Satz.
Wie die Uni so bekannt wird wie die Kieler Woche.
Was für einen Slogan sich die Uni wünscht.
Über Regeln, die es nicht gibt.
Was viele nicht wissen.
Was Sie sagen sollen, wenn Sie nach Kiel gefragt werden.
Das stolze Ergebnis des Wettbewerbs: Sechzehntausendsechshundertneunundneunzig Slogans wurden eingeschickt. Die ersten 1.001 mit den Namen der Einsender stehen im Buch „Die Uni mit den 1.001 Slogans.
Hier die Seiten mit der Shortlist.
Und die drei Gewinner. Einen Sonderpreis bekam Dr. Wolf Hemsig für
SOLI EXCELLENTIAE
GLORIA OPTIMA
OPTIMORUM OPTIMIS